Where can we find light in this never-ending shade?
Das fragt sich die US-amerikanische Dichterin Amanda Gorman und leitet so ihr Gedicht „The Hill We Climb“ ein, mit dem sie Millionen Amerikaner*innen von Demokratie, Hoffnung und Aufbruch träumen lässt. Der Vortrag bei der Angelobung des frischgebackenen US-Präsidenten Joe Biden katapultierte die erst 22-jährige Amanda Gorman aus der Unbekanntheit direkt auf die Bestsellerlisten.
Der Start ins Leben ist schwierig für Amanda – ihre Zwillingsschwester und sie kommen als Frühchen zur Welt. Die Komplikationen bei der Geburt resultieren bei Amanda in einem Sprechfehler und einer Störung des Gehörs. Gefühle und Gedanken finden bei Amanda daher schon früh den Weg aufs Papier, denn durch ihren Sprachfehler fällt es ihr oft schwer, sich im Gespräch mitzuteilen. Bald entwickeln sich aus ihren ersten Schreibversuchen Gedichte und andere Kunst. Amandas Mutter, die ihre Schwester und sie alleine großzieht, unterstützt diese künstlerischen Ambitionen von Anfang an und ermutigt Amanda zum Schreiben.
16 Jahre ist Amanda alt, als sie schließlich ihren ersten Gedichtband „The One for Whom Food is not Enough“ veröffentlicht, und wenig später wird sie zur ersten „National Youth Poet Laureate“ gekürt, was sie zur nationalen Repräsentantin junger amerikanischer Dichtkunst macht. Die Ziele, die sich Amanda steckt, beschränken sich nicht nur auf Literarisches. Bewaffnet mit unendlichem Ehrgeiz schafft sie es an die renommierte Harvard Universität, wo sie (als Jahrgangsbeste) Soziologie studiert. Nach dem Studium beginnt sie für die New York Times am Studierenden-Newsletter „The Edit“ mitzuschreiben. Die politische Szene hat Amanda schon seit Längerem auf dem Schirm. Die Veröffentlichung ihres Gedichtbandes hat ihr Einladungen in das Weiße Haus unter der Obama-Administration eingetragen und auch große Namen wie Lin-Manuel Miranda und Malala Yousafzai sind auf Amanda aufmerksam geworden. Sie ist außerdem die Autorin hinter der Nike Black History Month 2020 – Kampagne.
Soziale Ungerechtigkeiten, Politik und Rassismus sind ein immer wiederkehrendes Thema in Amanda Gormans Gedichten. „The Hill We Climb“ spricht die tiefe Kluft an, die sich zwischen den US-amerikanischen Bürger*innen aufgetan zu haben scheint und scheut sich auch nicht, das schwierige Thema des Sturms aufs Kapitol aufzugreifen. Die Worte sollen aber vereinen und nicht entzweien und sprechen daher auch viel von Demokratie, Liebe und Hoffnung auf ein geeintes Land.
Der Auftritt von Amanda Gorman hat vielen in einer schweren Zeit Mut gemacht. Die Antwort auf die Frage nach dem Licht im Schatten am Anfang ihres Gedichts beantwortet sie nämlich ganz selbstverständlich für uns:
For there was always light. If only we’re brave enough to see it. If only we’re brave enough to be it.
Quellen:
https://www.zeit.de/kultur/literatur/2021-01/amanda-gorman-inauguration-joe-biden-usa-lyrik