Gastbeitrag

Ein Plädoyer für Charmehaare

Es ist 9 Uhr morgens. Als ich mich anziehe, erinnere ich mich daran: Ich muss meine Vulva rasieren! Wieso? Weil ich heute Abend mit einer Freundin einen Termin habe, damit wir uns beide einen Abdruck unserer Vulven machenlassen! Coole Sache! Das Ganze hat nur einen Haken: Ich habe mir in meinen ganzen 30 Jahren noch kein einziges Mal meine Vulva rasiert. Damit gehöre ich wahrscheinlich zu einem sehr kleinen Prozentsatz in der westlichen Frauenwelt. 

Aber so ist es nun mal. Ich habe nie den Grund dafür gesehen und war mit meinem kleinen Busch bis jetzt immer recht glücklich – meine Partner übrigens auch. Leider kann man Vulva-Abdrücke aber nur machen, wenn die Vulva glattrasiert ist, bzw. wird der Abdruck besser und es kleben einem keine Gipsreste bis ans Ende seiner Tage in den Charmehaaren.

Mission: Glatt rasiert!

Also steige ich in die Dusche, bewaffnet mit einer Schere und zwei Rasierern. Zuerst ein grobes Stutzen, wie ich das sonst auch immer mit der Schere mache, dann greife ich zu Rasierer Nummer 1. Ich hoffe, er wird das gröbste Entfernen. Nach einiger Zeit habe ich es endlich geschafft, den Venushügel zu enthaaren. Ganz schön viel Zeitaufwand, muss ich sagen! Was ich bis jetzt sehe, gefällt mir gar nicht. Ich sehe aus wie Barbie! Oder eben ein junges Mädchen. Seltsamerweise bleiben links auch mehr Stoppel stehen als rechts. Mein feiner Bauchflaum sieht im Kontrast zu dem aalglatten Charmebein-Bereich nun seltsam haarig aus. Ich frage mich, wie man den Übergang schöner machen kann, lasse es dann aber bleiben. Ich kann ja schlecht meinen ganzen Bauch rasieren!

Weiter gehts Richtung Vulvalippen. Seltsamerweise kommt mir das Wasser aus der Leitung plötzlich schon viel heißer vor – ich merke, rasierte Haut ist sensibler. Ich greife zu einem Öko-Rasierer mit Mehrwegklingen und langem Griff. Die Stelle zwischen Oberschenkelansatz und Vulvalippen erweist sich als äußerst mühsam. Ich muss mehrmals meine Position ändern, meine Haut zur Seite ziehen und bete zum Himmel, dass ich mich ja nicht schneide. Nachdem ich nun auf beiden Seiten war, bleibt nur der kleine Rest, der schon verdammt nah an meinen Schleimhäuten wächst. Ich traue mich kaum noch, dort zu rasieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es dann doch geschafft. 

Das Ergebnis ist nicht gerade schön anzusehen. „Wahrscheinlich hat die Vulva-Abdruck-Macherin noch nie eine so schlecht rasierte Vulva gesehen“, denke ich. Egal, für diesen Zweck muss es reichen. 

Ich steige aus der Wanne, trockne mich ab und nehme einen Spiegel zur Hand, um mich genauer zu betrachten. Es ist nicht das erste Mal, dass ich meine Vulva im Spiegel anschaue. Ich mag meine Vulva prinzipiell sehr gerne und habe über die Jahre ein gutes Verhältnis zu ihr aufgebaut. Allerdings, so habe ich sie tatsächlich noch nie gesehen. Durch die Pubertät hat sich doch vieles durch die Hormone verändert.

Also stehe ich da und sehe mich von oben und von vorne an. Ganz komme ich noch nicht damit klar. Ja, sie sieht schön aus, aber irgendwie auch ärmlich. So ganz unbeschützt.

Ich gehe in mein Zimmer und ziehe mir meine Unterwäsche an, um das Kapitel abzuschließen. Als ich wieder zurück ins Bad gehe, merke ich schon, wie die Vulvalippen an meiner Unterhose scheuern. „Na das wird noch was“, denke ich. Ich gebe dem Ganzen mal eine Chance. Das Opfer ist vollbracht und ich hoffe auf einen schönen Vulva-Abdruck. Ob ich mir das Ganze irgendwann wieder antun werde, weiß ich noch nicht. Ich freue mich jedenfalls nicht auf die juckenden Stoppeln und die eingewachsenen Haare, die die nächsten Tage vermutlich auf mich warten werden.

Charmehaare und ihre Vorteile

Eines ist sicher, ich verstehe den Sinn von Charmehaaren jetzt schon viel besser und freue mich, wenn ich wieder einen Busch habe. Denn Charmehaare haben tatsächlich eine schützende Funktion und halten Schweiß und Schmutz von den Schleimhäuten fern. Außerdem sind sie ein sicherer Scheuerschutz, was beim Sex auch ganz praktisch ist.

In diesem Sinne: Jedem seine Intimfrisur! Hauptsache es ist angenehm und frau fühlt sich wohl damit! Ich mache mich jetzt mal bereit, für den Vulva-Abdruck. 

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One thought on “Ein Plädoyer für Charmehaare

  1. Es wäre tatsächlich einmal interessant zu sehen, wie viele Frauen es schaffen bis 22 und darüber hinaus unrasiert zu bleiben – vor allem jene, welche auch tatsächlich sexuell aktiv sind. Es ist fast so, als gäbe es ein ungeschriebenes Gesetz, einen Ehrenkodex oder so etwas der besagt, dass man die eigene Mädchen-Zeit noch einige Jahre mechanisch fortzusetzen hat. Das “warum” dabei wird mir jedoch immer unverständlich bleiben – sowohl aus weiblicher als auch aus männlicher Sicht.
    Was Charmhaare wohl verbrochen haben um in der westlichen Welt einen derart schlechten Ruf zu genießen?

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