Gastbeitrag

Weil ich ein Mädchen bin

BIPA startete vor Monaten die Kampagne „Weil ich ein Mädchen bin“. Die Werbespots ernteten großen Spott; nicht nur weil auch auf einmal Männer sagten, sie seien Mädchen.

 

Quelle: bipa (youtube)

 

Jedes Mal, wenn ich ein Werbeplakat mit dem Slogan „Weil ich ein Mädchen bin“ sehe, überkommt mich ein ungutes Gefühl. Ich denke, es liegt am Begriff „Mädchen“. Ich würde mich ja selbst als Frau bezeichnen. Dieser Schritt war kein leichter für mich. Ich war lange Zeit unsicher, ob ich jetzt eigentlich noch ein Mädchen oder schon eine Frau bin und wie ich von außen wahrgenommen werde. Aber seit ein paar Jahren kann ich stolz sagen: Ich bin eine Frau und kein Mädchen mehr.

 

Aber warum ist das eigentlich so wichtig für mich kein Mädchen mehr zu sein? Warum kann ich nicht mit Stolz sagen „Weil ich ein Mädchen bin“?

 

Dieses Gefühl habe nicht nur ich, sondern viele Frauen. Frauen posten auf Facebook unter den Shareables von BIPA:

 

„Ich bin eine Frau und kein Mädchen“ oder „Das ist herablassend“. Wir fühlen uns also tatsächlich herabgewürdigt durch die Bezeichnung „Mädchen“. Ich fühlte zwar die Herabwürdigung, aber ich verstand nicht, wodurch diese ausgelöst wird.

 

Also bin ich dem Begriff „Mädchen“ auf den Grund gegangen. Ich suchte nach der Definition des Wortes. Im Duden steht Folgendes: „Kind weiblichen Geschlechts […].“ Ein Kind weiblichen Geschlechts? Fühle ich mich also herabgewürdigt, weil BIPA mich ein Kind nennt? Nein, ich persönlich nicht. Denn in mir steckt ganz gewiss noch ein Kind – zumindest in gewissen Momenten und sei es nur zu Weihnachten.

 

Ich scrolle auf der Duden Internetseite zu den Beispielsätzen nach unten und fühle mich gleich stark herabgewürdigt.

 

Der Begriff wird nämlich an Hand folgender Beispiele erläutert: „ein blondes, liebes [kleines] Mädchen“, „sei ein braves Mädchen!“

 

Durch diese Sätze fühle ich mich definitiv nicht angesprochen.  Ich würde mich weder als lieb noch als klein bezeichnen. Und schon gar nicht möchte ich aufgefordert werden brav zu sein.

 

Aber liegt dieses Gefühl jetzt einfach nur an der Verwendung des Begriffes „Mädchen“? Würden dort Sätze stehen wie „ein starkes Mädchen“, „sei ein mutiges Mädchen“ oder Ähnliches – würde ich mich dann besser fühlen?

 

Ich dachte im ersten Moment, ja. Ich denke noch immer, es würde die Lage deutlich besser machen, aber es würde prinzipiell nicht das Problem lösen. Da ich Technikerin bin und nicht Germanistin, brauchte ich nämlich eine Zeit lang, bis ich bemerkt habe, dass in dem Wort Mädchen die Endung -chen steckt. Die Endung -chen ist die Verniedlichungsform: Haus – Häuschen, Baum – Bäumchen, etc. Durch diese Endung – den Diminutiv  – wird etwas kleiner, süßer oder niedlicher.

 

Und wir Frauen wollen bestimmt nicht süßer oder kleiner gemacht werden. Also ist der Unmut über den Begriff absolut berechtigt. Eine Veränderung der Verwendung löst das Problem nicht. Es hilft aber auch nicht das Wort „Mädchen“ für uns Frauen zu vermeiden. Wir brauchen einen neuen Begriff, mit dem wir uns alle identifizieren können, einen Begriff, der uns bestärkt und uns stolz macht, statt klein und süß.

 

Denn ich will nicht, dass meine zukünftige Tochter nur aufgrund ihres Geschlechtes verniedlicht wird. Ein Kind männlichen Geschlechtes ist nämlich einfach nur ein Bub oder ein Junge und kein Jungchen oder Bübchen. Das ist alles andere als Gleichberechtigung.

 

 

Viva La Vulva Gastautorin
Sophie-Marie

Sophie-Marie ist 22 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Niederösterreich, seit kurzem wohnt sie mit ihrer Freundin in Wien. Sie arbeitet als Assembly Engineer und studiert nebenbei Operations Management in Steyr.

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