Es war einmal ein junger Student und sein unschuldiger Blick auf die Welt. Er saß in einer verstörenden Diskussion an der Uni und war danach nicht mehr derselbe Mensch. So in etwa könnte ein Märchen über meinen Weg zum aktiven Feminismus beginnen. Die Vortragende sinnierte damals über männliche und weibliche Führungsstile. In einer Klasse mit mehrheitlich Studentinnen, forderte ich als Einziger ihre Position offen heraus. Frauen würden stark emotional handeln und nur mit „Härte“ erfolgreich sein. Es kotzte mich an.
Trotzdem sah ich mich damals nicht als feministischer Aktivist. Mit der Zeit machte sich bei mir eine große Wut, aber auch Enttäuschung breit. Wut über die vielen Männer, die in ihrer chauvinistischen Denkweise feststeckten. Und Enttäuschung über die vielen Frauen, für die das Thema scheinbar belanglos war. Gender Pricing, Equal Pay, das rosarote Shampoo oder die pinken Regale im Spielzeugladen. Irgendetwas stimmte hier gewaltig nicht. Als ich diese und andere Erfahrungen in einem Artikel für EditionF reflektierte, war die Resonanz enorm.
Ein Mann spricht offen über die Herausforderung eine Tochter zu erziehen. Was für mich eine Selbstverständlichkeit war, überraschte viele. Besser gesagt, viele Frauen. Denn das Feedback war zu 99% weiblich. Viele reflektierten ihre eigenen Beziehungen zu ihren Vätern und erzählten mir von ihren Herausforderungen. Was für mich teils schockierend war, war für sie eine Selbstverständlichkeit.
In unserer chauvinistisch dominierten Gesellschaft ist es eine tägliche Herausforderung „Frau zu sein“.
Egal ob gerechte Entlohnung, politische Führungspersönlichkeiten oder Mansplaining. Österreich hat Aufholbedarf. Und solange die Masse der Männer dies nicht einsieht, stehen wir vor einem sehr großen Problem. Und nein es geht nicht um eine weibliche Zukunft. Es geht um eine menschliche.
Viva La Vulva Gastautor
Karim Saad (aka “Bärtiger Feminist”)
Karim Saad ist selbstständiger Unternehmensberater für Digital Marketing und Gründer des feministischen insta-zines “Bärtiger Feminist”.