Wenn man im politischen Diskurs, in den Sozialen Medien oder ganz speziell auf Twitter unterwegs ist, scheint ein Thema bezüglich Feminismus eher unterrepräsentiert bzw. nicht im Fokus der Debatte zu sein. Auf diesen Medien geht es um Diskurshoheit, über das Binnen-I und einen Kanon der Zeitgeschichte – überspitzt formuliert.
Während all diese Dinge wichtige Arbeit leisten im Sichtbarmachen von Frauen in Kultur, Sprache und Geschichte, geht es am Land meist profaner zu. Nicht, dass wir uns falsch verstehen, all diese oben gennannten Dinge sind wichtig und ich möchte keines dieser Themen gegen das hier vorgestellte Thema ausspielen.
Mir scheint aber, als sei das Thema der Kinderbetreuung komplett aus dem Fokus geraten. Das kann daran liegen, dass die Situation in Wien (das Zentrum der medialen und politischen „Blase“) im Vergleich sehr gut ist. Man denke nur an die durchgehenden drei Schliesstage (im Vergleich in NÖ sind es mehr als 30) oder an die durchgehenden Öffnungszeiten von Kindergärten bzw. Kinderbetreuungseinrichtungen in Wien. Dort haben zusätzlich auch eine höhere Anzahl an Kindergärten länger als bis 17 Uhr offen.
Am Land – ich kenne es am Beispiel aus NÖ – existiert de facto keine Wahlfreiheit für Frauen. Hier muss man sich leider zwischen Kind und Karriere entscheiden. Etwas das 2018 eigentliche echt beschämend ist! Markus Kaindl, Forscher am Institut für Familienforschung der Universität Wien sagt dazu folgendes:
Viele Eltern machen eine kurzfristige Rechnung, ob es sich auszahlt das Kind betreuen zu lassen und arbeiten zu gehen oder gleich zu Hause zu bleiben, weil der Kindergarten zu viel kosten würde. Vor allem für einkommensschwache Haushalte ist das eine schwierige Situation. Die kurzfristige Rechnung führt aber auch dazu, dass Frauen langfristig die nötigen Zeiten für ihre Pensionszahlungen fehlen.
Im Alltag bleiben Frauen, mit der Geburt des ersten Kindes, spätestens mit der Geburt des zweiten Kindes daheim und/ oder stoßen im Berufsleben an eine gläserne Decke. Dies hat damit zu tun, dass Frauen hier in die sog. „Teilzeitarbeit“ gedrängt werden. Im ländlichen Bereich ist das in der persönlichen Beobachtung dann besonders tragisch.
Das Fakt der unzureichenden Kinderbetreuung hat tiefe gesellschaftliche Einschnitte zur Folge. Nicht zuletzt, dass nur Frauen mit der Erziehung von Kindern verbunden werden, dass nur Frauen geschämt werden, falls sie es doch nicht schaffen das Kind zu Mittag von der Volkschule abzuholen, oder, dass nur der Vater/ männl. Erziehungsberechtigte schon fast gefeiert wird, wenn er das Kind doch einmal abholt. Zudem hat es zur Folge, dass durch die dadurch entstehende finanzielle Ungleichheit, die Frau immer noch vom Mann abhängig ist, denn wie soll man sich ein Leben leisten, wenn man gleichzeitig ein Kind und sich selbst zu versorgen hat.
Dieses Thema beeinflusst das gesellschaftliche Leben in einer so breiten Menge, dass es einen viel größeren Raum einnehmen sollte, viel größere Anstrengungen bedürfe, als es derzeit einnimmt.
Man kann es hassen oder mögen, aber leider ist das, das bestimmende Thema abseits eines gebildeten, meist städtischen Raumes, der meiner Meinung, die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau gesellschaftlich breiter machen würde und entscheidend vorantreiben könnte.
Viva La Vulva Gastautor:
Elias Kindl
Elias Kindl ist politischer Referent bei den niederösterreichischen Neos. Als solcher ist ihm Wahlfreiheit von Frauen im ländlichen Bereich ein besonderes Anliegen.